Asal Dardan

»Traumaland«

19:30

»Das Blut nicht wegwischen können, nicht tilgen können, dass es geflossen ist. Die Tat und damit auch die Schuld sichtbar machen, selbst wenn die Täter nie die eigene Hand erhoben haben und die Opfer unsichtbar blieben: An euren Händen klebt Blut.«

 

Vergangenheit lebt fort. Nicht nur in Geschichtsbüchern oder im kollektiven Gedächtnis, sondern auch in Räumen, an Orten. Stolpersteine machen diesen Umstand ebenso sichtbar wie unser stilles Einverständnis, zu wissen, welche Ereignisse gemeint sind, wenn wir von »Hanau« sprechen, von »Lichtenhagen« oder von »Solingen«. Asal Dardan begibt sich an diesen Orten auf eine Suche: nach Stimmen, die in der Geschichtsschreibung, wie wir sie kennen, kein Gehör gefunden haben, deren Schicksale aber bis heute nachhallen und Kontinuitäten aufzeigen, die viele von uns nicht wahrhaben möchten. Radikal legt sie offen, wie die Verbrechen der Vergangenheit nahezu nahtlos übergehen in die traumatischen Erfahrungen, die Minderheiten in unserer Einwanderungsgesellschaft heute machen müssen.
Traumaland ist ein so eindrückliches wie notwendiges Plädoyer, die eingefahrenen Rituale unseres Gedenkens zu hinterfragen und sie zu ersetzen mit neuen Formen eines gemeinsamen Erinnerns, mit der Erkenntnis, wie wichtig es in der Generation der Nachgeborenen ist, ein Bewusstsein für die eigene Verantwortung zu entwickeln.

 

Asal Dardan
© Sarah Berger

Asal Dardan, geboren 1978 in Teheran, wuchs in Köln, Bonn und Aberdeen auf. Sie studierte Kulturwissenschaften in Hildesheim und Nahoststudien in Lund und lebt heute in Berlin. Für ihren Text Neue Jahre wurde sie mit dem Caroline-Schlegel-Preis für Essayistik ausgezeichnet. Ihr Essayband Betrachtungen einer Barbarin (2021) war für den Deutschen Sachbuchpreis und den Clemens-Brentano-Preis nominiert.