»Mühselig, sich zu fragen, ob Basti ein prototypischer Krypto-Millionär ist. Er hat keinen Developer-Hintergrund, keinen MBA, er hat nie in Frankfurt gearbeitet, nie getradet, er kommt nicht aus dem Online-Poker, ist kein misogynes Schwein, war nie Mitglied einer kriminellen Organisation.«
Eigentlich müsste Juan Guse endlich an seinem Roman über ein neuentdecktes Volk im Taunus arbeiten, aber es gibt da dieses andere Thema, das ihn nicht mehr loslässt. Er recherchiert und befragt Menschen, zum Beispiel Basti. Der arbeitet zweimal in der Woche als Gärtner auf dem Friedhof, 10,50 Euro verdient er dort pro Stunde. Ob es ihm bei diesem Job darum geht, nicht die Bodenhaftung zu verlieren, oder ob seine Liebe zu Pflanzen Ausschlag gibt, ist dabei nicht klar – was aber klar ist: Geld spielt keine Rolle, denn Basti besitzt Krypto-Tokens im Wert von zwanzig Millionen Euro. Auch Arne, mit dem Juan sich im Nirgendwo zum Klettern verabredet, sieht man seinen Reichtum nicht an, wenn er mit seinem Hund im VW-Bus unterwegs ist – Aussteiger, ja, vielleicht, aber Krypto-Nerd mit genug Geld, um Suhrkamp kaufen zu können? Unvorstellbar.
Für Tausendmal so viel Geld wie jetzt hat Juan Guse vier Männer getroffen, die etwas gemeinsam haben: Allesamt stammen sie nicht aus der Finanzbranche, und doch sind sie mit Kryptodeals zu Reichtum gekommen. Wie hat all das angefangen? Und was treibt sie an? Guse taucht ein in eine Welt, in der freiheitliche Utopien auf toxische Männlichkeit treffen und Tech-Libertarismus auf den Moment knallt, an dem man wirklich frei sein könnte – nur um am Ende nicht zu wissen, was man mit dem Geld anstellen soll.
Moderation: Björn Jager
Juan S. Guse, geboren 1989, ist Soziologe und Autor. Seine Romane Lärm und Wälder (2015) und Miami Punk (2019) erschienen bei S. FISCHER. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem KELAG-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Preis 2022. Er unterrichtet an der Kunsthochschule für Medien in Köln.