In seinem Roman Warten auf die Barbaren beschreibt J.M. Coetzee eine Gesellschaft, die aus Furcht vor dem vermeintlich Fremden letztlich zu dem wird, was sie fürchtet. Es ist diese verhängnisvolle Dynamik aus Angst und Othering, die Asal Dardan in ihren Betrachtungen einer Barbarin in der deutschen Gesellschaft aufdeckt. In einer Verschränkung aus Erlebtem und Gelesenem erzählt Dardan von antifaschistischen Widerstandskämpfer*innen und den NSU-Prozessen – und von ihrer eigenen Geschichte als Kind iranischer Eltern, den Erfahrungen des Exils und dem Rassismus, den sie als „Textur meines deutschen Lebens“ bezeichnet.
Dieselbe Textur hat auch das Leben der drei Protagonistinnen in Shida Bazyars Roman Drei Kameradinnen. Saya, Hani und Kasih sind in derselben Siedlung aufgewachsen, sind geprägt von den Blicken der Anderen, von Ausgrenzung und Hass. Und als sie sich nach Jahren wiedertreffen, um alte Zeiten aufleben zu lassen, steht – auch in diesem Buch – der rechte Terror vor Gericht.
Mit beiden Autorinnen sprechen wir über Erfahrungen von Alltagsrassismus, Fremdheit und Exil – und über die Frage ob, und wie Literatur dazu beitragen kann, die Grenzen zu überwinden, die in der Gesellschaft immer wieder hochgezogen werden.
Moderation: Miryam Schellbach
Asal Dardan schreibt als Autorin unter anderem für die FAZ, ZEIT Online und die Berliner Zeitung. Für ihren Text Neue Jahre wurde sie 2020 mit dem Caroline-Schlegel-Preis für Essayistik ausgezeichnet. Mit Betrachtungen einer Barbarin war sie zuletzt für den Deutschen Sachbuchpreis nominiert.
Shida Bazyar studierte in Hildesheim Literarisches Schreiben. Ihr Debüt Nachts ist es leise in Teheran (2017) wurde u.a. mit dem Bloggerpreis für Literatur, dem Ulla-Hahn-Autorenpreis und dem Uwe-Johnson-Förderpreis ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt.
Miryam Schellbach ist Lektorin in einem Frankfurter Wissenschaftsverlag, Redakteurin der Leipziger Literaturzeitschrift Edit und veröffentlicht Literaturkritiken in der FAZ und der taz.