Dorothee Elmiger

»Die Holländerinnen«

19:30

»Sie sei jedenfalls schweigend mitgefahren, schweigend und schauend, alles registrierend, schließlich habe der Theatermacher dies, die Mitschrift, das Protokoll aller Dinge, als ihre Aufgabe beschrieben«

 

Eine Schriftstellerin tritt an ein Pult und beginnt zu sprechen. Eigentlich soll sie ihre Poetik vorstellen, doch jede sichere Aussage zu ihrer Arbeit, sagt sie, sei ihr abhanden gekommen, ihr Schaffen in einem Prozess der Auflösung. Stattdessen erzählt sie von ihrem letzten Projekt, einer Reise in den Dschungel Südamerikas. Ein Theatermacher hatte sie dorthin eingeladen, um Teil eines Stückes zu werden, das vom mysteriösen Verschwinden zweier Holländerinnen Jahre zuvor handelt. Sie solle protokollieren, was vor Ort während der Produktion geschehe, und so hält sie fest, was man ihr zuträgt, worüber man beim Abendessen spricht, erzählt Geschichten von totgeborenen Zicklein in den Schweizer Bergen, von Gewaltausbrüchen in Brooklyn, von gespenstisch verlassenen Plantagen.

In ihrem neuen Roman Die Holländerinnen reist Dorothee Elmiger ins Herz der Finsternis einer Welt, die ihre Verlorenheit nicht mehr zu verbergen weiß. Elmiger erzählt von den Rissen, durch die Gewalt in unsere Existenz dringt, erzählt davon, dass auch unsere Geschichten kein Trost mehr sind – und sie tut es einmal mehr so kühn und voller Schönheit, dass man den Blick nicht abwenden kann und im Schrecken Trost findet.

Moderation: Björn Jager

Mit freundlicher Unterstützung durch Pro Helvetia.

Dorothee Elmiger
© Georg Gatsas

Dorothee Elmiger, geboren 1985 in der Schweiz, lebt als freie Autorin und Übersetzerin in New York. Ihre Bücher Einladung an die Waghalsigen (2010), Schlafgänger (2014) und Aus der Zuckerfabrik (2020) wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt, für die Bühne adaptiert und vielfach ausgezeichnet.