»Und mit jedem Auto, das mich überholt, je länger ich gehe, desto unsinniger erscheint mir das alles.
Dass niemand anhält, um mich mitzunehmen.
Dass man so lebt.
Dass ich hier bin. «
Wer in Lasseren im Emsland Arbeit sucht, kommt am gigantischen Geflügelschlachthof Möllring nicht vorbei. Für eine Handvoll Menschen beginnt dieser Montagmorgen mit großen Erwartungen. Sonia, alleinerziehende Mutter, hofft auf einen Job weit weg vom Hühnchen-Zerlege-Fließband. Für Ingenieurin Anna steht mit dem Testlauf eines neuen Automatisierungsverfahrens bei Möllring alles auf dem Spiel. Merkhausen, verlassener Ehemann mit einem Faible für Polinnen, fiebert einem Date am Abend entgegen. Und dann ist da noch der geflüchtete Afghane Nassim, der sich in eine Affäre mit Justyna verstrickt und fest daran glaubt, dass seine Gedichte die deutschen Beamten erweichen werden. Um diese zu übersetzen, ist Roshi, deutsch-iranische Autorin, extra aus Köln angereist. Als ein rücksichtsloser Fahrradfahrer dem sehbehinderten Mann mitten im Ort den Blindenstock kaputt fährt, setzt das eine Kettenreaktion in Gang, die keine der Figuren unberührt lässt.
In ihrem neuen Roman Und Federn überall taucht Nava Ebrahimi, Bachmann-Preisträgerin 2021, in das Leben einer kleinen Stadt ein und verknüpft die Geschichten von sechs Menschen zu einem mitreißenden Gesellschaftsroman über die Frage: Wie bleiben wir menschlich, wenn das Leben immer härter wird?
Moderation: Björn Jager
Nava Ebrahimi wurde 1978 in Teheran geboren und lebt mittlerweile in Graz. Für Sechzehn Wörter (2017) wurde sie mit dem Österreichischen Buchpreis sowie dem Morgenstern-Preis ausgezeichnet. 2021 erhielt sie den Ingeborg-Bachmann-Preis. Sie studierte Journalismus und Volkswirtschaftslehre in Köln und arbeitete unter anderem als Redakteurin bei der Financial Times Deutschland. Seit diesem Jahr ist sie regelmäßige Kolumnistin der Süddeutschen Zeitung.