Kerstin Preiwuß

Werkseinstellungen

19:30

»Ich spreche nie beim Schreiben, bin ein immenses stilles Feld, ein tiefes Wasser mit dünner Haut, die ständig friert« – das sagt das Ich in Kerstin Preiwuß’ literarischem Essay Heute ist mitten in der Nacht, und es ist schwer diesen Satz nicht poetologisch zu lesen. Sowohl ihre Prosa als auch ihre Gedichte sind bestimmt von Suchbewegungen, einem ruhigen Tasten, das in die Tiefe weist, aber empfänglich und im besten Sinne dünnhäutig bleibt für alles, was ihm auf seinem Weg begegnet. Sei es im Umgang mit Romanfiguren oder der Sprache selbst: Stets zeigt sich bei Preiwuß das austarierte Zusammenspiel aus Empathie und Distanz. Motivisch ziehen sich Einsamkeit und die scheinbare Sicherheit, die Sprache bieten kann, durch die formal vielseitigen Texte.

Im Rahmen unserer »Werkseinstellungen« möchten wir dem erkundenden Ton von Preiwuß’ Texten folgen und den Versuch unternehmen, wenn schon nicht beim Schreiben, dann doch übers Schreiben zu sprechen.

Moderation: Beate Tröger

Kerstin Preiwuß wurde 1980 in Lübz geboren und lebt heute mit ihrer Familie in Leipzig. Seit dem Wintersemester 2021 hat sie den Lehrstuhl für »Literarische Ästhetik« am Deutschen Literaturinstitut Leipzig inne. Die Lyrikerin, Romanautorin und Essayistin debütierte 2006 mit dem Gedichtband Nachricht von neuen Sternen. 2014 erschien ihr vielbeachtetes Romandebüt Restwärme. Für ihren zweiten Roman Nach Onkalo war sie für den Deutschen Buchpreis nominiert. Für ihre Arbeiten wurde sie vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Lyrikpreis Meran, dem Eichendorff-Literaturpreis und zuletzt 2020 mit dem Anke-Bennholdt-Thomsen-Lyrikpreis der Deutschen Schillerstiftung.

Beate Tröger ist Literaturkritikerin, u.a. für den SWR, DLF, FAZ, sowie Redakteurin des Kulturteils der Frankfurter Hefte. Sie lebt und arbeitet in Frankfurt.