Mrz 2023
Eine Vorliebe für kleine Dinge und die Orte, an denen man sie aufbewahrt, konnte man bei Carolin Callies schon anhand der Titel ihrer ersten beiden Gedichtbände ausmachen. Nach dem Debüt fünf sinne & nur ein besteckkasten wurde es mit schatullen & bredouillen gleich eine Nummer kleiner, während wir nun, beim dritten Gedichtband, beim Allerkleinsten angekommen sind, bei den sogenannten kleinsten Teilchen, bei der „klüngelwirtschaft unter aller materie“.
Dabei handelt es sich bei teilchenzoo dem Genre nach ironischerweise eher um ein Großprojekt, denn im scheinbaren Widerspruch zu ihren mikroskopischen Betrachtungen hat Callies sich für eine der größeren lyrischen Formen entschieden: dem Poem. Und so folgen wir in einem mäandernden, immer wieder von Fragmenten durchsetzten, aber letztlich in sich zusammenhängendem Langgedicht den Zellen und Kernen, den Schuppen und Krümeln, den Spreißeln und Flusen auf ihrem Weg durch die Natur und den menschlichen Körper und erahnen das große Ganze hinter den kleinen Dingen.
Moderation: Björn Jager
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Carolin Callies geboren 1980 in Mannheim, lebt in Ladenburg bei Heidelberg. Sie ist Autorin und selbstständige Literaturvermittlerin und wurde für ihre Lyrik vielfach ausgezeichnet. 2020 war sie mit schatullen & bredouillen für den Clemens-Brentano-Preis der Stadt Heidelberg nominiert und erhielt den Gerlinger Lyrikpreis.
Bild: © Max Liebenstein
Apr 2023
„Die Angst ist wie ein eigenes Organ, sie kennt meinen Takt, aber atmet nicht danach“, sagt ein Ich, das zwei halbe Väter und ein ungeborenes Kind verloren hat. Es kennt den Ausnahmezustand besser als andere Zustände, lange bevor Pandemie und Krieg ausbrechen. Lose Fragen, eingeschobene Lyrikelemente, Lexikoneinträge und Briefe mischen sich in spiralförmige Reflexionen. Collageartig wird über die Worte nachgedacht, mit denen wir unsere Gegenwart versehen. Von Charons Münzen über Emily Dickinson werden ausdrucksvolle Netze gesponnen.
Kerstin Preiwuß erzählt in ihrem literarischen Essay Heute ist mitten in der Nacht von Nachrichtendurst, völliger Abschottung, Angst und Hoffnung. Die Lupe auf sprachliche Details gerichtet, nähern wir uns Unaussprechlichem. Es ist ein Ringen um Worte, ein Ringen um Atem in dünner werdenden Luftschichten, ein Ringen um das Leben selbst, darin jedoch kein bisschen pathetisch, sondern in leichtfüßigem Ton tröstend.
Moderation: Beate Tröger
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Kerstin Preiwuß wurde 1980 in Lübz geboren und lebt heute mit ihrer Familie in Leipzig. Seit dem Wintersemester 2021 hat sie den Lehrstuhl für „Literarische Ästhetik“ am Deutschen Literaturinstitut Leipzig inne. Die Lyrikerin, Romanautorin und Essayistin debütierte 2006 mit dem Gedichtband Nachricht von neuen Sternen. 2014 erschien ihr vielbeachtetes Romandebüt Restwärme. Für ihren zweiten Roman Nach Onkalo war sie für den Deutschen Buchpreis nominiert. Für ihre Arbeiten wurde sie vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Lyrikpreis Meran, dem Eichendorff-Literaturpreis und zuletzt 2020 mit dem Anke-Bennholdt-Thomsen-Lyrikpreis der Deutschen Schillerstiftung.
Bild: © Jorinde Gersina
Literarisches Übersetzen ist ein stetiges Rollenspiel. Bei jedem neuen Text geht es darum, einer Figur eine eigene Stimme zu geben, die den Ton des Originals trifft, die Eigenheiten der Ursprungssprache zu fassen bekommt und sie gleichzeitig in den kulturellen Kontext der Zielsprache zu übertragen weiß. Kurzum: Übersetzungen sind keine Dienstleistung, sondern künstlerische Schöpfungen. Alexandra Rak und André Wilkening haben das Übersetzen zu ihrer Profession gemacht. Sie sprechen an diesem Abend über die Tücken unübersetzbarer Wendungen, das Glück, schließlich doch eine Entsprechung zu finden – und warum es an der Zeit ist, Übersetzer*innen mehr Sichtbarkeit zu verleihen. Verknüpft wird die Diskussion mit einer Buchvorstellung, die das Thema des Identitätsflirrens auch literarisch behandelt: Luka Holmegaards von André Wilkening aus dem Dänischen übertragenes Buch LOOK ist Essay und autokfiktionale Erzählung zugleich. Es verbindet Woolfs Orlando spielend leicht mit RuPaul’s Drag Race, streift Ann Carson und American Gigolo und geht der Frage nach, in welchem Zusammenhang eigentlich Rollenbilder und Mode miteinander stehen.
In Kooperation mit der Weltlesebühne e.V.
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Alexandra Rak, 1968 in Waiblingen geboren, studierte in Frankfurt am Main Germanistik, Kunstpädagogik, Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie. Nach dem Studium arbeitete sie zehn Jahre in einem großen Hamburger Verlag. Heute ist sie literarische Übersetzerin, freie Lektorin, Referentin und begleitet Autoren bei der Verwirklichung ihrer Projekte.
André Wilkening, 1967 in Bad Oeynhausen geboren, studierte in Frankfurt und Stockholm Skandinavistik und Kunstgeschichte und übersetzt seit 2015 Belletristik und Sachtexte aus dem Dänischen, Norwegischen und Schwedischen. Er lebt in Frankfurt.
Bild Rak: © Oliver Dietze
Bild Wilkening: © Hans-Ulrich Albus
Ist sie erledigt oder nicht-erledigt? Das fragt sich Mara, die Heldin von Marlen Hobracks Debütroman Schrödingers Grrrl, öfter. Wie die Katze im berühmten physikalischen Gedankenexperiment befindet sie sich in einem unbestimmten Zwischenzustand und das nicht erst seit gestern: Schulabbrecherin, arbeitslos, depressiv – Letzteres versucht Mara zumindest ihrer Sachbearbeiterin beim Jobcenter weißzumachen, damit sie nicht in einer Eingliederungsmaßnahme landet.
In einem ganz ähnlichen Schwebezustand bewegt sich Mini in Mathilda Pralls Herzneurosen. Wie Mara ist sie Anfang zwanzig, und ihr Leben scheint noch keine erkennbare Richtung zu nehmen. Ihre Beziehungen sind offenbar schon von vornherein zum Scheitern verurteilt, und das Verhältnis zu ihrem eigenen Körper schwankt zwischen Unsicherheit und Selbsthass.
Unerwartet nehmen jedoch sowohl Maras als auch Minis Leben eine Wendung: Mara wird das Gesicht eines Romans aus der Feder eines erfolglosen männlichen Autors – und Mini wird über Nacht zum Instagram-Star.
Moderation: Christian Dinger
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Marlen Hobrack wurde 1986 in Bautzen geboren und lebt in Leipzig. Sie studierte Literatur-, Kultur- und Medienwissenschaften und arbeitete im Anschluss für eine Unternehmensberatung. Seit 2016 schreibt sie hauptberuflich für diverse Zeitungen und Magazine. 2022 ist ihr Sachbuch Klassenbeste. Wie Herkunft unsere Gesellschaft spaltet bei Hanser Berlin erschienen.
Mathilda Prall wurde 2000 in Rostock geboren. Sie studiert in Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Malerei. Herzneurosen ist ihr erster Roman.
Bild Hobrack: © Amac Garbe
Bild Prall: © Studio Photo Shootmedia Atelier Brooklyn Toulouse
Während der Vater von Deniz Ohdes Erzählerin in Streulicht Aluminiumbleche in einem Industriepark beizt, schuftet an einem anderen Ort in einem anderen Buch Hüseyin in einer Metallfabrik. Und als Hüseyin sich nach dreißig Jahren harter Arbeit endlich seinen Traum erfüllen und eine Istanbuler Eigentumswohnung beziehen kann, stirbt er am Umzugstag an einem Herzinfarkt. So beginnt Fatma Aydemirs gefeierter Roman Dschinns.
Anders als bei Deniz Ohde, wo wir ausschließlich der einzelgängerischen Erzählerin folgen, erzählt Fatma Aydemir aus der Perspektive von höchst verschiedenen Familienmitgliedern, die zu Hüseyins Beerdigung anreisen und sich neu orientieren müssen. Doch so unterschiedlich die beiden Romane auch sind – die Themen, die verhandelt werden, sind dieselben. Es geht um Chancengleichheit, Identität und transgenerationalen Traumata – und beide Romane verhandeln diese Themen vor dem erzählerischen Hintergrund der 90er Jahre, die heute so gerne nostalgisch verklärt werden.
Gemeinsam mit den Autorinnen wollen wir die Verbindungslinien von Dschinns und Streulicht nachzeichnen und fragen, welche Rolle die migrantische Herkunftsgeschichte der eigenen Familie spielt, wenn man selbst in Deutschland geboren ist.
Moderation: Elisa Diallo
Im Rahmen von Frankfurt liest ein Buch
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Fatma Aydemir wurde 1986 in Karlsruhe geboren. Sie lebt in Berlin und ist Kolumnistin und Redakteurin bei der taz. 2017 erschien ihr Debütroman Ellbogen, für den sie den Klaus-Michael-Kühne-Preis und den Franz-Hessel-Preis erhielt. 2019 war sie gemeinsam mit Hengameh Yaghoobifarah Herausgeberin der Anthologie Eure Heimat ist unser Albtraum. Ihr zweiter Roman Dschinns wurde mit dem Robert-Gernhardt-Preis ausgezeichnet.
Deniz Ohde, geboren 1988 in Frankfurt am Main, studierte Germanistik in Leipzig, wo sie heute auch lebt. Für ihren Debütroman Streulicht, der auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand, wurde sie mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung und dem aspekte-Literaturpreis 2020 ausgezeichnet.
Bild Ohde: © Heike Steinweg / Suhrkamp Verlag
Bild Aydemir: © Sibylle Fendt
Mai 2023
Auf Iggys Beerdigung trifft Ex-Bassistin / Ex-Freundin / Ex-Avantgarde-Punk-Queen Bey nach dreizehn Jahren auf ihre alte Szene. Inzwischen hat sie die nach Rauch, Rausch und Schweiß stinkenden Keller und die ekstatische Morbidität gegen eine bürgerliche Existenz samt Mann, Kind und Deichhaus im Amsterdamer Noord getauscht. Doch etwas stimmt nicht mit den Umständen von Iggys Tod. Ihrem Bauchgefühl vertrauend, folgt Bey einer Spur aus Iggys Nachlass, die sie durch unscheinbare Aluminiumtüren mitten in den Berliner Untergrund führt. Was sie dort entdeckt, überschreitet eine Linie und wirft alle Punk-Prinzipien durcheinander. Bey muss feststellen: I’ve been punked.
PUNKED ist wie die Musik, die das Buch durchdringt: Schnell und hart. Durchkomponiert. Im besten Sinne beklemmend. Mit tiefenscharfen Details und mit unheimlichem Gespür für Tempo schreibt sich PUNKED mitten ins Herz einer lebendigen Subkultur.
Moderation: Björn Jager
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Yasmin Sibai wurde in Norddeutschland geboren und zog danach zweiunddreißig Mal um. Sie war Frontfrau einer Punkband und hat als Öko-Bäuerin, Lastwagenchauffeurin, freie Architektin und DJane gearbeitet. Mittlerweile wohnt sie mit ihrer Familie in Frankfurt am Main und plant keine Umzüge in nächster Zeit. PUNKED ist ihr Romandebüt.
Bild: © Laura J. Gerlach
Avalon – so heißen nicht nur ein mythischer Ort in der Artussage und ein Album von Roxy Music, sondern auch eine kleine Hafenstadt auf Santa Catalina Island vor der Küste Kaliforniens. Bran Thomas war als Kind mit ihrer Mutter hier. Es war die letzte schöne Kindheitserinnerung, bevor ihre Mutter in ein buddhistisches Kloster ging und Bran bei der Familie ihres Stiefvaters zurückließ, die in ihr vor allem eine kostenlose Arbeitskraft für ihren Gärtnereibetrieb sah. Aber Bran hat Biss. Trotz aller widrigen Umstände schafft sie ihren High-School-Abschluss. Doch während ihre Freunde längst auf dem College sind, lebt sie in ihrem Auto und arbeitet im Coffeeshop. Eines Tages verliebt sie sich in Peter, der von der Ostküste kommt und über Kafka und den Kapitalismus spricht, aber leider auch verlobt ist.
Mit feiner Ironie erzählt Nell Zink in Avalon von einer klassensprengenden Liebesgeschichte und einer beeindruckend willensstarken Heldin.
Moderation: Jan Wilm
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Nell Zink wurde in Kalifornien geboren und wuchs in Virginia auf. Sie studierte u.a. Philosophie. 2000 übersiedelte sie nach Deutschland und promovierte in Tübingen in Medienwissenschaften. Seit 2013 lebt sie in Bad Belzig.
2014 debütierte sie mit dem Roman Der Mauerläufer, der 2016 in deutscher Übersetzung erschien. Ihr zweiter Roman Virginia war für den National Book Award nominiert. Avalon (ins Deutsche übertragen von Thomas Überhoff) ist Nell Zinks sechster Roman.
Bild: © Francesca Torricelli
Die moderne Gourmetküche und die deutschsprachige Lyrik mögen auf den ersten Blick nicht viel miteinander gemein haben. Aber mindestens einen Schnittpunkt gibt es dann doch: Warum in die Ferne schweifen, wenn das, was man in der Region vorfindet, bestmögliche Qualität bietet? Denn zwischen Marburg und dem Rheingau, zwischen dem Taunus und Offenbach leben einige der interessantesten Lyriker*innen unserer Zeit, die das ganze formale Spektrum der Gegenwartslyrik abdecken: von der Lautpoesie bis zum Langgedicht, von lyrischer Kurzprosa bis zur Beatnik-Referenz.
Julia Grinberg und Andreas Hutt, Cecily Ogunjobi und Martin Piekar, Judith Hennemann, Julia Mantel und Dirk Hülstrunk werden an diesem Abend unter Beweis stellen, dass viele Köche den Brei manchmal erst so richtig cremig rühren können.
Moderation: Beate Tröger & Björn Jager
Im Rahmen der Lyriktage Frankfurt und mit freundlicher Unterstützung des Kulturamtes der Stadt Frankfurt am Main
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Julia Grinberg, geboren 1970 in der UdSSR, studierte Chemie und arbeitete u.a. als Lehrerin, Laborleiterin, Hundegassiführerin, Verkäuferin. 2000 wanderte sie nach Deutschland aus. Seitdem wohnt sie bei Wiesbaden und ist im Weinhandel tätig. Ihr Debütband „kill-you-darlinge“ erschien im Herbst 2019 im Gutleut-Verlag.
Andreas Hutt wurde 1967 in Kassel geboren und lebt in Marburg/ Lahn. Er studierte von 1988 bis 1994 Mathematik und Deutsch auf Lehramt, arbeitet seit 1998 im hessischen Schuldienst und als Autor. Seit 2005 veröffentlicht er Lyrik, Kurzprosa und Erzählungen.
Cecily Ogunjobi lebt seit 1998 meistens in Frankfurt am Main, wo sie Geowissenschaften studiert. Sie schreibt verdichtete Prosa und ist Mitglied des Autor*innenkollektivs Sexyunderground. 2018 wurde Behütete Unwahrheiten im Rahmen des Jungen Literaturforums veröffentlicht.
Martin Piekar, 1990 geboren, hat in Frankfurt am Main Philosophie und Geschichte auf Lehramt studiert. Er lebt in und arbeitet von Frankfurt aus. Sein zweiter Gedichtband AmokperVers erschien 2018 beim Verlagshaus Berlin.
Judith Hennemann, geboren 1975, aufgewachsen im Taunus, wohnt und arbeitet als Industriesoziologin in Frankfurt am Main. Zuletzt erschien ihr Gedichtband all die goldenen Hunde 2019 im Axel Dielmann Verlag.
Julia Mantel, geboren 1974, studierte Angewandte Kulturwissenschaften in Lüneburg. Mantel ist Gründungsmitglied des Frankfurter Lyrikkollektivs „Salon Fluchtentier“ und lebt in Frankfurt. 2021 erschien Wenn Du eigentlich denkst, die Karibik steht Dir zu bei der Edition Faust.
Dirk Hülstrunk, geboren 1964 in Frankfurt am Main, lebt als freier Sound Poet, Spoken Word Poet, Klangkünstler, Dozent, Moderator und Kurator von Kunst und Literaturevents in Frankfurt. 2022 erschien im im Axel Dielmann Verlag Verlag sein Lyrikband Plötzlich Nebel.
Drei große Arbeitgeber gibt es in der österreichischen Alpenregion Innergebirg: Die Schokoladenfabrik, wo der Vater gearbeitet hat, die Aluminiumfabrik, wo der Großvater gearbeitet hat, und das Unfallkrankenhaus, an dem Julia eine Lehre als Krankenschwester anfängt. Die Arbeitsbiographien der Figuren in Birgit Birnbachers Wovon wir leben sind vorgezeichnet. Ihre Wunden bestehen aus verpassten, nicht ergriffenen und nie gehabten Möglichkeiten, das eigene Leben zu gestalten.
Julia ist mittlerweile 38 und hat es immerhin in das Landeskrankenhaus der nächsten größeren Stadt geschafft, da verliert sie infolge eines einzigen Fehlers ihren Job und kehrt zurück in das Dorf ihrer Kindheit. Die Frage, ob es dort eine Zukunft für sie gibt, und was sie überhaupt vom Leben will, stellt sich ihr umso mehr, als mit Oskar ein Städter auf den Plan tritt, der – ausgestattet mit einem Grundeinkommen – ein neues Leben ausgerechnet im Innergebirg beginnen möchte.
Moderation: Christoph Schröder
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Birgit Birnbacher, geboren 1985, lebt als Schriftstellerin in Salzburg. Ihr Debütroman Wir ohne Wal wurde mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto Stiftung ausgezeichnet, darüber hinaus erhielt sie zahlreiche Förderpreise und 2019 den Ingeborg-Bachmann-Preis. 2020 erschien bei Zsolnay der Roman Ich an meiner Seite.
Bild: © Siegrid Cain
Jun 2023
Es gibt Themen, die gelten als wenig literaturfähig. Haushaltstätigkeiten zum Beispiel. Kochen, Backen, Küche putzen – das ist kein Stoff für Romane. Shirley Jackson hat diese irrige Annahme schon 1953 als solche entlarvt, als ihr autobiographischer Roman erschien, der in der Übersetzung von Nicole Seifert den Titel Krawall & Kekse trägt. Darin erzählt die für ihre Horrorgeschichten bekannte Autorin von ihrem Leben als Ehefrau und Mutter von vier Kindern in einem baufälligen Haus in Vermont und dem Wahnsinn des Alltags, der immer kurz davor ist, ins Unheimliche zu kippen.
Vom Amerika der 50er Jahre geht es mit Teresa Präauers Roman Kochen im falschen Jahrhundert ins Neobürgertum europäischer Mittvierziger: ein geselliger Abend zwischen Crémantflaschen und dänischem Küchendesign. Man unterhält sich über die Dinge, die einen umgeben, hat das Rauchen aufgegeben und fliegt auch nicht mehr – bis auf das eine Mal nach Singapur. Dabei schafft es Präauer wie vor ihr vielleicht nur Shirley Jackson, anhand der vermeintlichen Banalitäten des Alltags die Geschichte einer ganzen Generation zu erzählen.
Moderation: Christian Dinger
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Teresa Präauer wurde 1979 geboren und hat Germanistik und Malerei in Berlin und Salzburg studiert. Für ihren Debütroman Für den Herrscher aus Übersee erhielt sie 2012 den aspekte-Literaturpreis. Für ihre weiteren Romane und Essays wurde sie vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Erich-Fried-Preis 2017.
Nicole Seifert studierte nach einer Verlagslehre Amerikanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft in Berlin, wo sie 2006 auch promoviert wurde. Seit 2006 arbeitet sie als Übersetzerin aus dem Englischen (u.a. Sarah Moss) und Autorin. Zuletzt erschien 2021 Frauenliteratur. Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt.
Bild Präauer: © Zita Bereuter
Bild Seifert: © Martin Stöbich
Das Werk Peter Kurzecks ist einzigartig in der deutschen Nachkriegsliteratur. Kurzeck habe das eigene Leben zum Gegenstand eines literarischen Projekts von Proust’scher Dimension gemacht, schrieb 2013 Christoph Schröder in seinem Nachruf auf den kurz zuvor verstorbenen Schriftsteller.
Anlässlich des 80. Geburtstages Peter Kurzecks wollen Weggefährtinnen und Freunde, Kollegen und Bewunderer auf dieses Leben zurückblicken. Zu Gast sind seine Übersetzerin Cécile Wajsbrot, die Verleger KD Wolff und Klaus Sander, sowie Bianca Döring, Andreas Maier und Harry Oberländer. Gemeinsam machen sie das, was Peter Kurzeck am besten konnte: erzählen. Über persönliche Begegnungen, über seine Texte und nicht zuletzt darüber, wie sie selbst von diesen Texten beeinflusst wurden. Und am Ende? Feiern wir diesen Geburtstag.
Moderation: Beate Tröger
Eine Kooperation mit der Peter-Kurzeck-Gesellschaft e.V.
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Cecile Wajsbrot wurde 1954 in Paris geboren. Sie studierte Literaturwissenschaften und arbeitete anschließend als Französischlehrerin und Rundfunkredakteurin. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin und Übersetzerin in Paris und Berlin.
KD (Karl Dietrich) Wolff, geboren 1943, machte sich als Verleger von historisch-kritischen Editionen einen Namen. Während seines Jurastudiums u.a. in Frankfurt am Main engagierte er sich in der Studentenbewegung. In den Siebzigern gründete KD Wolff den Stroemfeld Verlag, in dem über viele Jahre die Bücher von Peter Kurzeck erschienen sind.
Klaus Sander, 1968 in Westfalen geboren, studierte Medien- und Literaturwissenschaften in Köln und Bochum. Für die Veröffentlichung von Vilém Flussers letztem erhaltenen Tondokument gründete er 1996 seinen Hörbuchverlag supposé. Sander lebt in Berlin.
Bianca Döring wurde 1957 in Schlitz/Vogelsberg geboren und lebt heute als freiberufliche Schriftstellerin und Gesangspädagogin in Berlin. Ihre künstlerischen Tätigkeiten führten sie auch in die Bereiche Theater, Performance, und Malerei. Zuletzt erschien 2021 ihr Lyrikband Schalen bei PalmArtPress Berlin.
Andreas Maier, 1967 im hessischen Bad Nauheim geboren, studierte Philosophie und Germanistik, anschließend Altphilologie. Er erhielt zahlreiche Preise und Stipendien. Zuletzt erschien im Frühjahr 2023 sein Roman Die Heimat im Suhrkamp Verlag.
Harry Oberländer, geboren 1950 in Bad Karlshafen, lebt als freier Schriftsteller und Journalist in Frankfurt am Main. Von 2010 bis 2016 war er Leiter des Hessischen Literaturforums und Herausgeber der Literaturzeitschrift L. Der Literaturbote.
Bild: © Erika Schmied
Die Königin ist tot, lang lebe die Königin! Bei der Beerdigung der Großmutter kommen sie alle wieder zusammen: die Mütter, Töchter und Enkelinnen, die gemeinsam das märchenhafte Anwesen der Verstorbenen bewohnt haben. Der Geist der alten Frau, die mit harter Hand regiert hat, schwebt jedoch noch über allem. Und Luise, von der Großmutter einst zur Erbin erkoren, beginnt sich zu erinnern: an verschwundene Männer, ertrunkene Frauen und Familiengeheimnisse.
Männer sterben bei uns nicht erzählt von einer Schicksalsgemeinschaft, die sich nie aus dem Gravitationsfeld einer Patriarchin lösen konnte. Annika Reich gelingt es spielerisch, ein fast schon märchenhaftes Setting mit Humor und Scharfzüngigkeit zu verbinden und gleichzeitig politische Fragen zu stellen: Denn der Roman handelt nicht nur von Schuld und Scham, sondern auch von der Komplexität von Machtstrukturen.
Moderation: Björn Jager
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Annika Reich, 1973 in München geboren, lebt in Berlin, ist Schriftstellerin und Künstlerische Leiterin des Aktionsbündnisses WIR MACHEN DAS und WEITER SCHREIBEN, des preisgekrönten Portals für Autor:innen aus Kriegs- und Krisengebieten. Sie ist Teil der Zeit-Online-Kolumne 10 nach 8. Bei Hanser erschienen die Romane Durch den Wind (2010), 34 Meter über dem Meer (2012), Die Nächte auf ihrer Seite (2015) und ihre Kinderbücher Lotto macht, was sie will! (2016) und Lotto will was werden (2018).
Bild: © Paula Winkler
Flucht traumatisiert nicht nur diejenigen, die ihre Heimat verlassen müssen. Sie schlägt auch Wunden in der Peripherie: bei den Zurückgelassenen genauso wie bei jenen, die helfen wollen und sich dem erlebten Leid nicht entziehen können.
In ihrem Debüt Über den Fluss erzählt Theresa Pleitner von einer jungen Psychologin, die eine Stelle in einem Aufnahmelager in Deutschland annimmt. Dort sieht sie, die helfen will, sich nicht nur mit den albtraumhaften Geschichten der Bewohner konfrontiert, sondern auch mit einem kafkaesken Bürokratiesystem, in dem es nur Verlierer geben kann.
Susanne Gregor folgt dem Geschwisterpaar Alan und Miša in Wir werden fliegen über mehr als ein Jahrzehnt. Während Alan mit fast neurotischer Strebsamkeit Arzt wird und Miša ziellos durch ihr Leben driftet, versuchen ihre Eltern, einfach nur Fuß zu fassen in einem neuen Leben in Wien, nachdem sie kurz nach der Wende aus der Tschechoslowakei übergesiedelt sind. Den Schmerzpunkt der Familie bildet aber etwas anderes: Alan nämlich war bereits kurz vor der Wende geflohen, ohne sein Umfeld zu informieren, und die Nachwirkungen dieses Traumas bestimmen das Leben der Familie.
Moderation: Björn Jager
Eintritt: 5,-/8,-/12,- (pay as you wish)
Theresa Pleitner, geboren 1991, studierte literarisches Schreiben und Psychologie in Heidelberg, Leipzig und Berlin. Sie arbeitete als Psychologin in einer Unterkunft für Geflüchtete sowie einer psychosomatischen Klinik und behandelt aktuell ambulant Patient*innen. Sie war Stipendiatin des Klagenfurter Literaturkurses und des Irseer Pegasus. Über den Fluss ist ihr erster Roman, für dessen unveröffentlichtes Manuskript sie mit dem Retzhof-Preis für junge Literatur ausgezeichnet und für den Amadeu-Antonio-Preis nominiert wurde.
Susanne Gregor, 1981 in Žilina (Tschechoslowakei) geboren, zog 1990 mit ihrer Familie nach Oberösterreich. Nach dem Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg lehrte sie ein Jahr lang an der University of New Orleans. Seit 2005 wohnt Gregor in Wien, wo sie Deutsch als Fremdsprache unterrichtet. 2009 gewann sie den Förderpreis des Hohenemser Literaturpreises und 2010 den ersten Preis der exil-literaturpreise. 2011 erschien ihr Debütroman Kein eigener Ort, es folgten weitere Romane und ein Erzählband, zuletzt 2019 Das letzte rote Jahr.
Bild Pleitner: © Andreas Labes
Bild Gregor: © Barabara Wirl
Es ist eine schöne Tradition: Studierende des Kulturmanagement-Kurses der Fortbildung „Buch- und Medienpraxis“ an der Goethe-Universität erarbeiten eine eigene Veranstaltung, mit der das Semester abgeschlossen wird. In diesem Jahr rückt das vielleicht brennendste Thema unserer Zeit in den Mittelpunkt: das Klima. In Kooperation mit dem Museum für Kommunikation und im Rahmen der dort gezeigten Ausstellung „Klima_X“ entwickelt der Kurs eine Podiumsdiskussion mit anschließender Party – mit welchen Gästen die Studierenden ins Gespräch kommen und weitere Informationen, finden Sie ab etwa Mitte Mai auf dieser Seite.
In Kooperation mit der Buch- und Medienpraxis der Goethe-Universität Frankurt und dem Museum für Kommunikation Frankfurt