„Scheidung Mama Papa, Umzug Leipzig, USA, Tod 1, 2 und 3, Auszug Micha“. Es ist Tag 9 in der Suchtklinik, und Christine Koschmieder erstellt ihre „Lebenslinie“, einen Graphen, der für sie bedeutende Ereignisse mit dem Alkoholkonsum zur jeweiligen Zeit verbindet. Mit Ende 40 ist ihr klar geworden, dass sie Hilfe benötigt, sie hat sich selbst eingewiesen und muss sich nun mit den Wurzeln des eigenen Alkoholismus auseinandersetzen – und sie beginnt, zu erzählen. Von den rastlosen und wilden Jahren im Leipzig nach der Wende, von der ersten Schwangerschaft, vom Leben als Alleinerziehende. Vom Kennenlernen ihres Mannes und dessen Krebstod. Und schließlich auch von der eigenen Kindheit und der Sucht im vermeintlich bürgerlichen Elternhaus.
Dry ist vieles: Angelehnt an Christine Koschmieders Biographie ist er autofiktionaler Suchtroman, Liebesroman, Trauerroman. Was er jedoch zu keinem Zeitpunkt ist: eine Leidensgeschichte. Im Gegenteil, denn Koschmieders stärkste Waffe ist ihre Selbstironie.
Moderation: Björn Jager
Christine Koschmieder, wurde 1972 in Heidelberg geboren und lebt seit 1993 in Leipzig. Sie arbeitet als Autorin, Übersetzerin und Literaturagentin. Ihr Debütroman Schweinesystem (2014) war für den aspekte-Literaturpreis nominiert.