Ulrike Almut Sandig

»Im Orkan«

19:30

»Die Sonne ist ein glühendes Auge der Medusa über Wolnopol, der Stadt der grenzenlosen Freiheit, die gerade erwacht.«

 

Über Nacht wird die ukrainische Küstenstadt Wonopol von einem mysteriösen Sandsturm heimgesucht. Die Chirurgin Nadia liegt in den Trümmern ihrer Küche unter einer monströsen Wanderdüne und ringt nach Luft. Um jeden Atemzug kämpfend, erzählt sie die Geschichte ihrer Familie: Da ist ihr Vater Bohdan, der Puschkin zitiert, dem aber für das tägliche Leben die Worte fehlen, weil ihm seine Muttersprache in einem sowjetischen Straflager genommen wurde. Da ist ihr Sohn Maksym, der schnell in seiner Karriere als Dealer von synthetischen Drogen durchstartet, aber ebenso schnell in einer Spirale aus Macht und Gewalt zu verschwinden droht. Und da ist Nadia selbst, die zwischen den Generationen steht und ums Überleben kämpft – nicht nur um ihr eigenes.

Im Orkan, der zweite Roman der Lyrikerin Ulrike Almut Sandig, überträgt die Bedrohungslage des russischen Angriffskriegs in der Ukraine auf eine fantastisch anmutende Near-Future-Realität. Atmosphärisch dicht wird darin von den Träumen und Traumata einer Familie erzählt und so das klaustrophobische Grundgefühl einer Gesellschaft im Besatzungszustand freigelegt. Am Ende bleiben zwei Fragen, die zu den drängendsten unserer Gegenwart gehören: Auf wen können wir uns verlassen, wenn es ernst wird? Und welchen Preis sind wir bereit, für die Freiheit zu zahlen?

Moderation: Christian Dinger

Ulrike Almut Sandig
© Sascha Conrad

Ulrike Almut Sandig wurde in Großenhain geboren. Bisher erschienen von ihr fünf Gedichtbände, ein Roman, drei Hörbücher, zwei Erzählungsbände, ein Musikalbum mit ihrer Poetry-Band Landschaft sowie zahlreiche Hörspiele. Ihre Gedichte wurden verfilmt und übersetzt, für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Preise. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.