Dass es ein menschliches Grundbedürfnis ist, getröstet zu werden, ist in den vergangenen zwei Jahren noch einmal auf besondere Weise ins kollektive Bewusstsein getreten – zumal es dafür in der Regel die Gegenwart anderer Menschen bedarf und damit war und ist es in Zeiten der Pandemie ja bekanntlich nicht so einfach. Wie man sich lesend und schreibend selbst tröstet, dieser Frage gehen auf ganz unterschiedliche Weise die Bücher von Hanna Engelmeier und Verena Stauffer nach.
In ihrem Essay Trost. Vier Übungen versammelt Hanna Engelmeier verschiedene Lektüren, von Disneys Aristocats über Rilkes Briefe an den jungen Nachwuchsdichter Franz Xaver Kappus bis zur berühmten Rede This is water von David Foster Wallace. Auf der Reise durch dieses Textlabyrinth greifen persönliche Anekdoten und theoretische Überlegungen ineinander, um am Ende immer wieder darauf zurückzukommen, »worum es bei Trost ganz eigentlich geht: den Moment, in dem das Winseln und Fiepen und Heulen aufhört«. Und auf gewisse Weise ist dieser Moment auch Thema von Verena Stauffers Geschlossene Gesellschaft, ihrem hinreißend poetischen, fiktionalisierten Corona-Tagebuch über den Winterlockdown in Wien. Die Erzählerin spürt in mal urkomischen, mal beklemmenden, mal phantastisch-lyrischen Episoden der Frage nach, was diese Gegenwart mit ihr, mit uns allen macht, wenn wir gezwungenermaßen auf uns alleine zurückgeworfen sind. Ob sie eine Antwort findet, ist dabei weniger relevant als der Umstand, im Akt des Schreibens selbst die Situation mittels Sprache zu bändigen – und somit Trost in ihr zu finden.
Moderation: Björn Jager
Hanna Engelmeier, geboren 1983 in Münster, arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Kulturwissenschaftlichen Institut Essen. Sie promovierte mit einer Arbeit über die Geschichte der deutschen Anthropologie zur Zeit der frühen Darwin-Rezeption. Seit 2014 ist sie Autorin der Zeitschrift Merkur, wo seit Beginn diesen Jahres ihre Kolumne über Körperliche Ertüchtigung läuft.
Verena Stauffer, geboren 1978 im oberösterreichischen Kirchdorf an der Krems, veröffentlichte 2018 ihren Debütroman Orchis, der für den Literaturpreis Alpha, die Hotlist der Independents und den Blogger-Debütpreis nominiert war. Zuletzt erschien ihr Gedichtband Ousia bei Kookbooks, der für den Österreichischen Buchpreis nominiert wurde. Stauffer lebt abwechselnd in Wien, Berlin und Moskau.